Das glückliche Zusammentreffen mehrere Punkte haben zu dem unbeschreiblichen
Flair Giornicos geführt.
Da ist zum einen die Lage. Giornico liegt am unteren Ende des südlichen
Gotthardabstieges und ist seit Jahrhunderten den Säumern ein wichtiger
Wegepunkt. War ihnen doch nach dem beschwerlichen und gefährlichen
Alpenabstieg nach der Ueberwindung der Biaschinaschlucht und dem Antreffen
der ersten Palmen klar, dass sie die Alpenüberquerung wieder einmal
gemeistert haben. Hier wechselte man von der rechten Talseite über
die beiden historischen Brücken auf die linke Talseite und kehrte
in den Herbergen ein. Schon damals werden die Menschen ihrer Sehnsucht
nach mediterranem Klima gefolgt sein und sahen diese erstmals in Giornico
erfüllt. Somit spielt sich hier das Leben auch bereits großenteils
auf den Straßen ab.
Das hektische Treiben wird im Jahre 1882 recht abrupt abgenommen haben, so wurde doch in diesem Jahr die Gotthardeisenbahn in Betrieb genommen. Hierdurch wurde der Gotthard endgültig bezwungen und der Schrecken der Alpenüberquerung war somit genommen.
Mit dem Aufkommen der Kraftfahrzeuge und dem Einhergehen des zunehmenden
Straßenverkehrs kam Giornico erneut zur Blüte. Mussten sich
doch die gegen Süden vordringenden Fahrzeugmassen alle durch die historische
Ortschaft drängen. In 1980 kehrte dann wieder Ruhe in dem beschaulichen
Ort ein, da es von da an die Automobilisten vorzogen die moderne und bequeme
Autobahn durch das Tal zu benutzen.
Neben dem Zusammentreffen mit den vielen Reisenden wurden die Bewohner
durch die wechselnden Machtverhältnisse geprägt. Abwechselnd
unterlag Giornico dem Einfluß der Urner und der Mailänder Kirche,
bis sich das Tessin schließlich als souveräner Kanton der Schweiz
zugehörig fühlen konnte.
Die Mailänder Kirche hat ihrem Machtbedürfnis in der kleinen
Ortschaft mit insgesamt 7 Kirchen Ausdruck verliehen. Selbst wer sich bislang
nicht für Kirchliche Bauten interessiert hat, wird sich schwerlich
deren besonderer Ausdruckskraft entziehen können.
Ohnehin ist der Baustil in Giornico bereits durch das vorherrschende mediterrane
Klima geprägt. Die Gebäude bestehen zumeist aus Stein statt aus
Holz, um im Sommer der Hitze zu trotzen.
Neben den heimelig anmutenden Häusern finden sich fast immer Steinsitzgruppen unter Wein- oder Kiwibehangenen Pergolen. Hier läßt es sich auch im Hochsommer leben. Wird doch die drückende Hitze wie sie weiter südlich als Belastung empfunden wird hier zumeist durch einen leichten Luftzug gemildert.
Doch auch wenn einmal das Wetter nicht dem Wunschbild des Besuchers entsprechen
sollte, so wird er es kaum bemerken. In Giornico sind unzählige Sehenswürdigeiten
und ausreichend Gastronomie auf kleinem Raum vereint. Der Entdecker des
Dorfes wird es als befreiend empfinden, zu Fuß entlang der historischen
Bausubstanz und den vielen kleinen Weinbergen auf Erkundigungen zu gehen
und nicht auf das Auto angewiesen zu sein.
All diese Dinge und unzählige weitere Schönheiten haben zu dem unbeschreiblichen, aber sofort erlebbaren Flair Giornicos geführt.